Lady+Gaga:+"Poker+Face" 2/2

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Während sich die Klappspaten mit Prosecco inszenierten, verließ ich das Innere von Kohl´s Cage, um mich etwas abseits unter die Working Class zu mischen. Von hier aus hatte ich auch einen guten Blick auf Angelas Profil. Dreißig Meter Luftlinie zur Herz-Dame, in der Lunge den Geschmack von Freiheit und Abenteuer - alles in allem ein prickelndes Gefühl. Dann plötzlich "Start Me Up" von den Stones. Sie kam! Begleitet von unserem Oberbürgermeister, donnerndem Applaus und vereinzelten "Buh!"-Rufen schritt sie auf die Bühne, sah sich um, lächelte und winkte. Unter dem weißen Zeltdach sahen die beiden Top-Politiker etwas verloren aus, doch zum Glück hastete Zweitliga-Trainer Peter Neururer auf die Bretter, um in grinsender Demut der Dame die Hand zu schütteln, was selbige mit einem demütigen Grinsen über sich ergehen ließ. Nur wenig später trat unser nicht grinsender Oberbürgermeister vor das Mikrophon, um dem Fußvolk den Unterschied zwischen schlauen und doofen Parteien zu erklären. Kurz, bevor er damit fertig war, schlich Angela zielstrebig zum rechten Bühnengeländer, um versonnen in die Richtung meines Kopfes zu spähen. Als sie mich nach ein paar Sekunden unter den motzenden Rentnern und dreckbeschmierten Kindern ausgemacht hatte, sah sie mir tief in die Augen und winkte mir zärtlich zu. Ich konnte natürlich nicht zurückwinken, hier, vor allen Leuten, nein, das war wohl eher eine Sache, die nur uns beide betraf. Zudem mich ihr Blick, das muß ich zugeben, zutiefst versteinerte. Noch während ich erstarrte, lief mir bereits der Schweiß über die Stirn. So wie damals, als im Innenraum der Grugahalle plötzlich Vicky Leandros singend und klatschend mit lustbetonten Sirtaki-Steps funky auf mich zutänzelte. Aber hier war es keine Bouzouki, die durch die Sommernacht klang - hier war es Angela Merkel, die meine verhaltene Reaktion wohl bemerkt hatte, sich lächelnd vor das Mikro stellte und mit dem sicherlich nicht falschen Statement "ein schöner Rücken kann auch entzücken" der Erotik eine Chance gab. Vermutlich hatte sie innerlich gespürt, daß ich ihren Rücken unter dem rosa Jäckchen nicht sehen konnte und wollte mir unauffällig signalisieren, daß mit diesem Rücken alles okay ist. Sicher, ich hätte ihr "ein schöner Bauch auch" zurufen können, aber dann wäre die Veranstaltung ausgeartet. Außerdem war ich ja erstarrt, was Schlagfertigkeit nicht unbedingt vereinfacht. Ein paar Minuten später fuhr Angela wieder nach Berlin und ich zum Stadtwerke-Familien-Tag. "Die Liebe ist ein Heilbutt mit Rosinen" hab ich mal irgendwo gelesen. Die Frage ist halt nur, wer den Fisch bezahlt. Ich hab mich jedenfalls bislang noch nicht bei ihr gemeldet. Ich möchte da lieber erstmal noch ein paar Nächte drüber schlafen. Schließlich verpflanzt man einen alten Baum nicht mal einfach so. Zumindest nicht einen mit so einer kaputten Krone. Da muß man gießen, düngen und ab und an die Blätter putzen. Nicht, daß ich das Angela nicht zutraue, aber für sowas muß man schon oft im Wald stehen. Und da hat Bärbel Höhn echt die besseren Karten..

Mehr vom Tom Tonk gibt es auf hier OpenPunk oder auf seiner Seite: http://www.rockraketetonk.de