Ideal: "Berlin" 15/16

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zur Stadt. Im zweiten Weltkrieg: alles kaputt. Dann in den 1980er Jahren von der DDR wieder prestigeträchtig neu errichtet, und so sah das auch aus. Häuser, die im Parterre dreihundert Jahre alt schienen, solange man den Blick nicht himmelwärts richtete, denn da war alles hochmoderne Platte. Wenn auch für DDR-Verhältnisse recht dezent, nicht ganz so ultimativ, nicht ganz so groß, das muß man leider attestieren. Insgesamt wirkte das Nikolaiviertel wie ein Körper von Marilyn Monroe mit dem Kopf von Petra Pau. Ich war inzwischen nun schon fünf Stunden auf Achse, als ich plötzlich den Ausflugsdampfer am Kai erspähte und dachte: Getz gönnze dir ma wat! Zwei Minuten später saß ich im Schiff. Eine Stunde auf der Spree, ´ne milde Frühlingsbrise, Pott Kaffee dabei, daran war erstmal nichts auszusetzen. Der Kahn setzte sich in Bewegung, eine junges Fräulein ergriff das Mikrophon und teilte den Passagieren und mir allerhand Wissenswertes mit, einmal in Deutsch und einmal in Englisch. Ich guckte, ich staunte und machte genau das, was ich am liebsten mach: Gucken und Staunen. Als wir eine recht große Brachfläche passierten und ich schon dachte, daß mit dem Kaffee was nicht stimmt, wurde mir auf einmal schmerzhaft klar, daß dies ein Wiedersehen mit Berlin war, was erstmals ohne den grazilen Palast der Republik auskommen mußte. Ungeachtet des ganzen schönen Scheins war dummerweise Asbest die letzte Ausstrahlung, die Erichs Lampenladen noch zu bieten hatte. Tja, damit is nun Essig. Zum Glück habe ich zuhause einen Fotoband über dieses beeindruckende Gebäude, es geht eben nichts über Flohmärkte. Wir schipperten weiter und ich holte mir noch ein paar Inspirationen für meinen weiteren Fußmarsch. Natürlich mußte ich nochmal zum Bahnhof Friedrichstraße, zum Tränenpalast und wenn man zwei Straßen weiter gar keine Ahnung mehr hat, was einen noch erwarten könnte, stolpert man plötzlich über ein kleinstadtgroßes, autonomes Zentrum namens "Tacheles", was in seiner Dimension einem kleinstadtgroßen, autonomen Durchschnittsarsch wie mir glatt die Sprache verschlägt.

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