Guido Lucas - blubox Tonstudio (2010)

Aus openPunk
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blubox - so geht Rock'n'Roll!

Im beschaulichen Troisdorf bei Köln treibt seit Jahren ein Mann sein Unwesen, im positiven Sinne. In seinem blubox Tonstudio wurde schon so manch hitverdächtige Platte produziert. Und das ist kein Zufall! HULKzine sprach mit Guido Lucas, Produzent, blubox-Inhaber und "Indie-Papst" über sein Erfolgsrezept.

HULKzine: Erzähl doch mal kurz was zur blubox. Wie bist du daran gekommen und wie hat es sich zu dem Studio entwickelt, das es heute ausmacht bzw. was macht dich als Produzent aus?

Guido Lucas: 1990 war ich zum ersten Mal in der blubox, allerdings als Kunde. Habe meine erste Platte dort aufgenommen. Das Studio selbst gab es schon ein paar Jahre, ist jetzt also mindestens 25 Jahre alt. So genau weiß das keiner. Die damaligen Studiobesitzer hatten eine eigene Band, denen zufällig ein Bassist fehlte – und schwupps, saß ich auf der anderen Seite der Glasscheibe und musste mich selbst aufnehmen. Ein paar Jahre später war dann alles meins. Klassische feindliche Übernahme. Damals wurde in der blubox alles aufgenommen, frei nach Konsalik: Blut ist Blut. Ich habe dann begonnen, nur Gitarrenmusik der härteren Sorte aufzunehmen (aber niemals Metal!!!). Seither melden sich fast nur noch Bands, die laute Gitarren mögen. Ich habe dafür gesorgt, dass das Studio (neben digital) weiterhin auch analog aufnehmen kann und dass die Bands ihre Songs live einspielen. Als Produzent bin ich weniger Techniker als ein zusätzliches Bandmitglied. Eine Mischung aus Herbergsvater und Motivator. Da ich selbst Musiker bin, kann ich mich gut in die Situation der Bands versetzen und versuche, möglichst praxisorientiert zu arbeiten. Und bevor ich mit Dir über die Samplingrate streite, bring Du mir erst mal einen guten Song!

HULKzine: Du hast Platten mit einigen Hulk-Bands wie Molotow Soda, Outsiders Joy oder auch das neue Album von Rockwohl Degowski gemacht. Außerdem waren zum Beispiel die grandiosen Spermbirds schon oft in der blubox. Auch Bands wie Donots oder Muff Potter sind deinem guten Ruf gefolgt und haben ein Album bei dir produziert. Wie bist du zu diesem Ruf gekommen und wie kommst du an solche Bands ran? Oder kommen die auf dich zu und wollen unbedingt mit dir produzieren?

Guido Lucas: Die meisten Bands kommen auf mich zu, weil sie irgendwo eine Platte von mir gehört haben, oder weil andere Bands über die blubox erzählt haben. Das läuft fast alles über Mundpropaganda. Ich mache keine Werbung und habe auch nur einen sehr bescheidenen Internetauftritt. Viele Bands kommen auch einfach wieder, weil sie sich hier fair und gut behandelt, einfach wohl fühlen. Wenn dann auch noch der Sound stimmt, passt alles zusammen. So was erzählt man dann gerne weiter. Übrigens sind die SPERMBIRDS gerade im Augenblick in der blubox und nehmen ihre 7. Platte auf. Die kommen auch immer wieder, auch mit ihren anderen Bands und Nebenprojekten.

HULKzine: Zu Zeiten des Homerecordings und der immer besser werdenden Computer nehmen mittlerweile viele Bands selbst im eigenen Proberaum auf. Und das oft mit einem respektablen Ergebnis. Sinkt die Anzahl der Bands, die bereit sind, Geld für Aufnahmen auszugeben merklich? Und warum sollte trotz der Homerecording-Möglichkeiten eine Band heutzutage immer noch zu dir ins Studio kommen?

Guido Lucas: Natürlich kann man zu Hause eine Menge selbst mit dem eigenen Computer machen. Aber ein Schlagzeug mit 15 Mikrofonen auf ein analoges Band aufzunehmen ist schon eine ganz andere Liga. Das geht nicht so einfach. Außerdem nehmen die meisten Bands hier bei uns live auf, das bedeutet noch einmal 10 Mikros und Vorverstärker mehr. Allerdings ist es schon so, dass immer mehr Bands hier ihre Basics live mit Drums, Bass und Gitarre analog aufnehmen, dann zu Hause Overdubs und Gesänge machen, um dann für den Mix wiederzukommen. Aber abgesehen vom technischen ist es auch oft wichtig, mal eine unabhängige Entscheidung von außen zu treffen. Ich mache das ja jeden Tag, die meisten Bands aber nur einmal in 2 oder 3 Jahren. Und manche Gitarristen können ja nicht mal ihr eigenes Instrument stimmen. Da muss ich dann schon mal aushelfen... ;-))

HULKzine: Was würdest du einer Band mit auf den Weg geben, wie sie vorbereiten soll, bevor sie ins Studio kommt?

Guido Lucas: Natürlich ist eine gute Vorbereitung sehr wichtig. Man sollte seinen Kram schon fehlerfrei spielen können. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber doch offensichtlich nicht für alle Bands... Viele Musiker wollen mehr spielen als sie können, und hoffen, im Studio wird’s schon irgendwie zurechtgefummelt. Wer nur das spielt, was er kann, ist ein guter Musiker, egal auf welchem Niveau. Und umgekehrt. Irgendeine Art von Vorproduktion ist auch wichtig. Das muss nicht gut klingen und das kann man auch mit einfachsten Mitteln selbst im Proberaum machen. Einfach sich selbst aufnehmen und analysieren, was mache ich eigentlich da, wie funktioniert das, wenn ich mal nur zuhöre und nicht dabei gleichzeitig spiele. Viele Bands gehen auch zu selten ins Studio. Die sammeln und proben und warten und wollen dann gleich eine ganze Platte aufnehmen und die muss dann direkt klingen wie aus den Charts. Studioarbeit muss man lernen, und das geht nur im Studio. Genauso wie man live spielen lernen muss. Ich bleibe ja auch nicht jahrelang im Proberaum und mache dann den Headliner auf Rock am Ring. Ich habe hier in der blubox auch schon mal Seminare zu diesem Thema gemacht. Von guter Vorbereitung profitiere ja auch ich als Produzent. Und: Musiker sind im Studio oft so furchtbar devot.

HULKzine: Du spielst selbst in diversen Bands Bass wie z.B. Genepool. Nimmst du mit diesen Bands auch in der bluox auf und wie ist es, wenn man als Produzent und als Musiker an einem Album mitwirkt?

Guido Lucas: Fast alle Sachen, bei denen ich mitspiele, nehme ich selbst hier in der blubox auf. Erstens aus nahe liegenden Kostengründen. Zweitens wüsste ich nicht, wer mir noch was sagen sollte. Das soll jetzt gar nicht arrogant klingen, aber da müsste ich schon nach England oder Amerika schauen. Mein Wunschproduzent für Scumbucket wäre z.B. Jeff Lynne gewesen, für Les Hommes Qui Wear Espandrillos Rudy van Gelder, für KEN Tod Rundgren und für Genepool – keine Ahnung. Aber sind ja alles sowieso Wunschträume. Gleichzeitig Musiker und Produzent zu sein, ist oft recht schwierig. Meistens beschränke ich mich auf eins davon: Erst mal bin ich der Produzent, dann der Musiker. Meinen Bass spiele ich immer und grundsätzlich ganz zum Schluss und alleine ein. Das hat einige großartige Vorteile...


Wer auch mal im legendären blubox Tonstudio mit Guido Lucas eine Platte machen will schaut am besten mal auf www.blubox-tonstudio.de vorbei!



Kategorie:Interviews