Philosophie des DeutschPunks 3/6

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Philosophie des DeutschPunks

Vor allem der Punkt „zeitlich und inhaltlich koordinierte Provokation “ sorgte bei den Punks für viel Erheiterung Schon aufgrund der anarchistischen Grundstruktur des Punk ist ihnen das nicht möglich und auch nicht gewollt Dies wird auch an den Chaostagen deutlich In den Augen der Polizei waren diese geplant, da diese nicht davon ausgingen dass so ein Ereignis unkoordiniert stattfinden kann, was es aber der Fall war Die Punks kamen nur aufgrund der Flugblätter um aufgrund der Punkerkartei für „Chaos“26 zu sorgen und sich dabei auf ein paar Bier bei Punkmusik mit Freunden zu treffen Auch die Punkpartei APPD (anarchistische Pogo Partei Deutschlands), die schon 1982 gegründet wurde rief sowohl Faszination27 wie auch Ablehnung28 hervor Viele wussten was sie von deren überspitzen Forderungen wie Balkanisierung Deutschlands (heute nennt man das wohl Gentrifizierung),, Rückverdummung (Hartz4-TV), Jugendrente (Hartz4), Arbeit ist Scheiße!“ und „Saufen, saufen, jeden Tag nur saufen!“ halten sollten

Trotz aller Vereinnahmungs- und Diskriminierungsversuche, seiner selbstzerstörerischen Tendenz (No Future), blieb Punk im Gegensatz zu vielen anderen Subkulturen bis heute unabhängig, anarchistisch, unvereinnahmt, lebendig und hat sich immer wieder erneuert (Punk is dead <-> Punk's not dead) und niemals ganz ernst genommen „Zum Leben und zum Sterben bereit“ 3 Hintergründe Sie nennen uns Punk-Chaoten Weil sie nichts wissen diese Vollidioten Wir sind intolerant und Zerstörungswütig, stimmt sogar Doch wir ham' genug Gründe Überall wird man unterdrückt Nur die Besten werden 'rausgepickt Doch jeder hat das Recht zu leben Sich gegen Unterdrückung zu erheben Hey Punk - Zeig' ihnen, wer du bist! Hey Punk - Noch kein Terrorist! Hey Punk - Spuck' ihnen ins Gesicht! Hey Punk - Anders geht's nicht! Weg mit dem Scheißsystem 29 Auf die Idee des möglichen Dissertationsthemas kam ich als am 2872014 die gerichtliche Zwangsräumung der der „Pizzeria Anarchia“ in Wien statt fand30 Hier eine Kurzfassung der Geschehnisse: Die einschlägig berüchtigte Castella GmbH hatte vor drei Jahren das abgewohnte Mietshaus erworben und die Punks mit der Absicht ins Haus geholt, die verbliebenen Altmieter zu vergraulen: „Die Mieter hätten sich überlegen sollen, ob das Haus noch wohnenswert ist im Zuge der Anwesenheit dieser Leute", sagte ein Vertreter von Castella Erst mit dem Auszug des letzten Mieters können aus dem Mietshaus mit Gangtoiletten lukrative Eigentumswohnungen werden Aber die Dinge entwickeln sich manchmal anders als man glaubt Die Punks verstehen rasch, dass sie als Instrument der Ausmietung anderer gedacht waren und zeigen einen Beschützerinstinkt, mit dem die Eigentümer nicht gerechnet haben Wenn es in der Nacht wieder an der Tür bumpert, sind die Punks zur Stelle und verscheuchen den nächtlichen ungewollten Besuch der Vermieterschergen Ein selbstgemaltes Transparent mit dem Claim "Für die Mieter bleiben wir, auf Spekulanten speiben wir" hängten die Anarchisten auf, und jeden Sonntag backten sie im wieder instandgesetzten Steinofen Pizza gegen freiwillige Spenden Trotz mehrfacher Aufforderungen das Haus zu räumen bleiben die Punks mit dem letzten Mietern im Haus und so werden Ende August 14, 1700 Polizisten aufgeboten, um 19 Punks zu räumen Die 13 jungen Männer und sechs Frauen wurden wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung festgenommen

Trotz dem Wissen das sie für Aktion bestraft, werden haben die Punks, ohne eigenen Vorteil das Haus besetzt gehalten, da sie es aufgrund ihrer Philosophie für „normal“ hielten Dies zeigt die Lebensfreude und Mut der durch eine „No Future“-Einstellung (wichtig ist das man im Moment das richtige macht und nicht was andere denken oder was passieren könnte) entsteht und auch den starken soziale Zusammenhalt unter Punks, die sich gegenseitig ohne sich persönlich zu kennen, unterstützen

Um die Philiosophie des Deutschpunks zu versteh muss man sich auch mit der Musik beschäftigen denn Punk ist untrennbar mit Punkmusik, welche als Träger der Philosophie/Ideologie fungiert, verbunden Neben den vielen eigenen, oft sozialkritischen und bewusst provokativen, Texten wurden auch von Beginn viele Arbeiter- und Kampflieder gecovert, die in der Punkversion großen Anklang in der Szene fanden und dafür sorgten dass sich Punks auch mit diesen Themengebiet beschäftigten und solidarisierten Als szeneinternen Gegenentwurf zum anfänglich stark von Political Correctness und negativen Endzeit-Visionen geprägten Hardcore Punk entsteht Ende der 70er der deutschen FunPunk, dessen bekannteste Vertreter „die Ärzte“ und „die Toten Hosen“ sind Neben dessen absolut sinnlosen und nihilistischen Texten sorgte der Funpunk auch dafür dass sich die Punks nicht zu erst nehmen, da der Funpunk sich auch sarkastisch mit Punk31 und diese damit vermutlich vor einer Erstarrung bewahrte,da man sich auch immer wieder mit sich selber auseinandersetzen musste und nicht einfach nur abfeiern konnte Selbst anfänglich radikale Punkbands veröffentlichten Funpunklieder die sich gegen eine Ritualisierung wendeten

Daneben entstand in den 90ern noch der ComedyPunk, dessen wichtigste Vertreter neben Härter bis Wolkig, Lokalmatadore und Eisenpimmel, „die Kasssierer“ sind: Der musikalische Stil der Kassierer ist überaus breit gefächert und umfasst neben klassischem Punkrock Ausflüge in unterschiedlichste Genres wie Ska, Country, Jazz, Chanson, Techno oder Volksmusik Viele Songs fallen darüber hinaus auch durch provokante Texte auf Wiederkehrende Themen sind Alkoholkonsum („Schnaps und Bier“, „Besoffen sein“), Gewalt („Du hast geguckt“, „Tot, tot, tot“) und Sexualität („Hoch den Rock, rein den Stock“) Zudem wird der polarisierende Charakter der Band auch durch die kontroversen Bühnenshows unterstrichen Ein Auftritt der Band in der Fernsehsendung Circus HalliGalli, in der Wölfi zum Erstaunen des Studiogastes Lena Meyer-Landrut nackt den Song „Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist“ vortrug, kann als kleine Kostprobe hierfür betrachtet werden Gleichzeitig veröffentlichen die Kassierer aber auch regelmäßig Lieder philosophischen Charakters und Texte, die sich satirisch mit dem Zeitgeschehen auseinandersetzen Die oft überspitzten und expliziten Texte führten dazu, dass bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften Anträge auf Indizierung dieses Albums sowie der nachfolgenden LP Habe Brille eingingen Vorwürfe wie „Sexismus“, „Gewaltverherrlichung“ oder „ethische Desorientierung“ wurden dabei jedoch stets entkräftet, da dem Entscheidungsgremium der satirische Charakter der Musik verdeutlicht werden konnte Diese Entscheidungen trugen maßgeblich dazu bei, dass die Band immer häufiger in einem „Kunst“-Zusammenhang wahrgenommen wurde32

Um die Musik frei und ohne Einschränkungen produzieren zu können gründeten die meisten Bands ihr eigenes Label und produzierten den Merchandise wie T-Shirt, Buttons, Kassetten (auch heute noch!), in Eigenarbeit, was auch dem DIY Grundgedanken des Punks entspricht Auch die Konzerte werden, ohne Hilfe der kommerziellen Medien, im Untergrund durch selbst gebastelte Flyer und in den szeneinternen Fanzines beworben Konzertflyer33

Auch ein Personen- bzw Starkult, wie man ihn bei vielen anderen Musikrichtungen oft antrifft,ist bei Punk inexistent, da dies dem Grundgedanken des Punks widersprechen würde Dies zeigt sich eindrucksvoll am Beispiel des Sängers der Kassierer, der momentan als OB für Bochum kandidiert Je bekannter die Band wurde um so weniger Mühe gibt sich der Sänger, der inzwischen fast jedes Lied von Textzetteln die er in seiner Hand hält abliest Seine Theorie ist: je schlechterer er ist, um so mehr Menschen kommen Was praktisch auch funktioniert

Die ersten Hotspots der Deutschpunkszene waren das Ruhrgebiet, München, Berlin und Stuttgart Zwischen diesen Zentren tauschte man sich per Fanzine, die man auf den diversen Konzerten zum Selbstkostenpreis erwerben konnte, aus Die urbanen Grossstädte trugen massgeblich zur Entwicklung des Punks bei Dort konnten sich die Punks, meist auf zentralen Plätzen der Innenstadt, treffen, wo sie sich biertrinkend und musikhörend vergnügten und mit ihrem Aussehen sowie Verhalten (saufen, schnorren, Platte machen) erfolgreich provozieren und polarisierten konnten Die meisten Punks vom Land zogen daher, sobald es ging, in die Grossstadt, da man auf dem Land zum einen meist alleine war (keine Konzerte, keine Juzes, keine besetzten Häuser, nix Los,) und zum anderen war es durch Faschos dort zuweilen auch (lebens)gefährlich Problematisch ist dabei, dass oft junge Punks ab 14 schon in die Grossstadt ziehen, wo sie entweder bei älteren Punks unterkommen oder mit anderen Punks Platte machten (draussen schlafen) während sie sich dazu noch vor der Polizei, die diese „Ausreißer“ sucht um sie heimzubringen, verbergen müssen Um zu überleben gehen viele Punks schnorren, da diese oft bewusst auf staatliche Leistungen wie Hartz4 verzichten, da sie nicht von einem System, das man bekämpft, abhängig sein wollen

Punk beim Schnorren (Quelle privat)

Diese, meist schnorrenden, Anhänger von Deutschpunk, werden oft als Straßenpunks oder Assipunks bezeichnet, da sie optisch dem Aussehen der englischen Hardcorepunks nacheifern und an öffentlichen Plätzen anzutreffen sind (Stichwort: Clockwork Orange) Immer noch scheinen Punks, die immer in grösseren Städten an zentralen Plätzen anzutreffen sind, der übrigen Bevölkerung nicht geheuer Wie man am Beispiel der Chaostage unschwer erkennen kann, scheint das Auftauchen einer größeren Gruppe Punks die Öffentlichkeit immer noch derart zu beunruhigen, dass ständige Kontrollen seitens der Polizei bis hin zu Aufenthaltsverboten in der Fußgängerzone notwendig scheinen Ein Beispiel hierfür ist die im Jahr 2002 stattgefundene Auseinandersetzung zwischen der Stadt Karlsruhe und einer Gruppe zumeist jugendlicher Angehöriger der Punkszene, die sich fast täglich auf dem am Rand der Fußgängerzone gelegenen Kronenplatz trafen Die negativen Reaktionen der Angestellten, Kunden und Inhaber der nahe gelegenen Geschäfte auf für so genannte Straßenpunks, typischen Aktivitäten wie gemeinsames Trinken, lautstarkes diskutieren oder lärmen (meistens begleitet von einem tragbaren Radio oder Kassettenspieler), sowie Schnorren, veranlassten die Stadtverwaltung dazu, im Sommer 2002 das bereits geschilderte Punkverbot zu erlassen

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